Konstantin Wecker

Prolog: Faust
Faust Wer bin ich nur? Wann biet' ich mir die Stirn? Es gibt da dies' Gerücht in meinem Hirn Ich sei der mir so gut Bekannte Seit über siebzig Jahren mir Anverwandte Der, den ich mir erdachte und erträumte Der, der mich überraschte, überschäumte Mit unbekannten Seiten meines „Ich“ Oft unerträglich fremd und fürchterlich War ich mir je bekannt, oder ist alles Nur dem geschuldet, was man Muster nennt Gewohnheit die sich besten Falles Nur immer wieder selbst erkennt Und dies als Selbsterkenntnis preist Die sich aus Wohlbekanntem speist? Das soll sich selbst erkennen sein? Ganz sicher nicht, eindeutig „Nein“ Wer bin ich nur? Wer ist dies „Ich“? Wie oft war ich den wesentlich Wie oft hab' ich mir beigewohnt Wie oft hab' ich mich nur geschont Anstatt mich wirklich aufzudecken Und immer wieder neu zu wecken Mich endlich einmal dem zu stellen SongtexteWas in mir ruht, den tiefsten Quellen Ist denn die welt in ihrer Nacht Vielleicht ein Trugbild, das ich mir Jahrzehntelang nur selbst gemacht? Die ganze Welt nur ausgedacht? Wer bin ich nur? Wen frage ich? Wer ist mein eigentliches „Ich“ Ich finde m ich sekundenlang In Versen, Tönen, im Gesang Das war's dann auch, ich armer Tor Bin dann so klug als wie zuvor Und taumle weiter durch die Nacht, Schlaftrunken Nie ganz aufgewacht Wer bin ich nur? Ich bin doch mehr als das, was sich mein Hirn so sehr Bemühte zu verstehen Bin ich doch Teil von alledem Was unverständlich bleiben wird Und immer unerklärbar ist Und sich wohl dann erst zeigen wird Wenn man das Irdische vergisst Wenn man sich ganz der Stille gibt Und ja, ich weiß wohl, wer da spricht Ins „Sein“ so hemmungslos verliebt Und doch wird Still sein dereinst Pflicht Wer bin ich nur? Werd' ich es dann erfahren oder nur noch sein Und tauch' ich dann doch irgendwann In dieses „Selbst“ voll' Liebe ein? Wer bin ich nur? Ich weiß es nicht Und ahne viel Wenn ein Gedicht in meinem Inneren zu mir Spricht Mein Dunkel taucht in helles Licht Das war's dann schon Ein Ahnen nur, kein Wissen Nie! Nur eine Spur, von dem, was diese schöne Welt Im Innersten zusammenhält Aus Songtexte Mania