Jaw

Entzugsoptimismus
Und ich schmeiß' die letzten Reste der Pillenbox dem Klo in den Rachen Seh', wie die stabilste meiner Krücken im Wasser versinkt Es scheint, als versuchten sie entgegen des Soges zu paddeln Um zurück in mein Leben in der Umnachtung zu spring'n Es tut mir Leid Freunde, das hier wird ein Abschied für immer Denn für mich habt ihr ab heute euern Dienst getan Ein neues Licht an meiner Wand verdrängt die Schatten im Zimmer Für die Welt meiner Wahrnehmung gebt ihr den Ton nich' mehr an Ich fühl' mich bereit diesen Schritt jetzt zu geh'n Nie wieder Rückfälle, nie wieder Rezepte besorgen, nie mehr zurückblicken Mein Lebenskonzept wird konkret Ich werd' es ohne schaffen und freu' mich jetzt schon auf morgen Auf meiner Brust sitzt ein Wesen ohne Knochen und Form Es lauscht der Erstarrung meiner Verzweiflung mit offenen Ohr'n Es sieht den Klang meines flachen Atems mit reglosen Augen Die Luft wird knapp, mein Geist tappt im gläsernen Rauschen Und es lässt mich nich' los, ich bitte dich: Lass mich geh'n Du kannst ein anderes Menschenwesen als Gast einneh'm Hier wirst du keine Nahrung mehr finden Denn ich hab' ihnen abgeschworen, den satanischen Stimmen Ein neuer Tag und der letzte überstanden Und eigentlich sind kleine Rückfälle völlig normal Und kein Grund sich weiter in 'nem Bett zu verschanzen Und Rückzug ist der erste Schritt Richtung Höllenportal SongtexteIch bin zu stark um mich hier vom Nieder unterkriegen zu lassen Und raffe mich auf, der Kraftraum meiner Seelenbatterie Es is' nich' mein Ziel die hundert Kilo zu schaffen Doch es bleibt ein gutes Mittel gegen Herbstmelancholie Und ich geh' durch die Stadt und scheine ein Mensch zu sein Ich gehe wie ein Fels durch die Massen Stagnation weicht in einem Hauch von Unendlichkeit Ich schein' darüber weg zu sein die Welt zu verachten Der nächste Morgen - ich sitz' rauchend am Tisch Die Dunkelheit übermannt mich und raubt mir die Sicht Und es ist nichts mehr von Sinn behaftet Ich gehe den schweren Gang Richtung Dusche In der Absicht in meinen Überresten sowas wie 'nen Funken zu entzünden Doch der Widerstand des Bodens scheint unter mir zu schwinden Irgendwas wohnt in mir Und lässt jedes Aufbegehren tief in den Grundfesten kollabier'n Ein weiterer Tag, diese Scheiße zerstört mich nich' Krankheit is' Vergangenheit - ich leb' in der Zukunft Und verfüg' über genügend Reserven, geistig wie körperlich Und führe die Heilung herbei durch tägliches Zutun Die Sonne lacht mich an, der Wind will mich tragen Die Luft in der Rolle des treuen Lebenselixiers Die letzten meiner Zweifel verschwinden hinter Fassaden Und es scheint tatsächlich so, als sei das Elend nich' mehr hier Ich bin so nah an den Dingen wie schon lange nich' mehr Keine weitgehende Eindämmung von Höhen und Tiefen Es is' wie bei Wolfgang Niedecken: "Verdammt lange her" Und endlich bin ich in der Lage die Schönheit zu erschließen Und ich liege wie versiegt im Bett, fern von allen Bin nur noch ein Restprodukt um das die Schmerzen feilschen Kein Sinn mehr für Realität Ich stell' mir letztlich die Frage: Habe ich jemals gelebt? Mir wird letztendlich klar: Ich kann nich' ohne sie sein Kipp' die hundertfünfzig Milligramm wie gewohnt in mich rein Es bleibt wohl immer noch ein langer Weg Bis ich am Ende meiner Seelenverwandlung steh' Aus Songtexte Mania