Hannes Wader

Alles Nur Schein
Ganz von wildem Wein überwachsen liegt dort der Brunnen im Schatten der mächtigen Linde. Wohl schon seit germanischen Zeiten wiegt sie sommers ihren grünen Wipfel im Winde. Verwunschen, wie von guten Geistern bewacht, atmet der Ort einen so tiefen Frieden, fern von Unglück und Not, so als hätte die Macht des Bösen diesen Hof von jeher gemieden. Heitere Stille, nur der leise Gesang des Baches unter den Erlen, sie säumen seinen Lauf am Fuße der Hügel entlang. Hier leben, so wohnen, davon kann man nur träumen. NEIN;nein;nein; nichts hier ist das, was es vorgibt zu sein. Fall nicht drauf rein, alles nur Schein,Schein,Schin. Damals wurden hier Russen, so wird es erzählt, im Krieg von dem Bauern, mir Peitschenhieben und Fusstritten bis aufs Blut gequält, zur Zwangsarbeit auf die Äcker getrieben. Die Gefangenen haben ihn dann umgebracht, ihm zuvor noch Jauche in den Schlund gegossen, ihn dann in den Brunnen geworfen, den Schacht Songtextemit Schweinemist aufgefüllt und verschlossen. In dem Brunnen liegt, unbeweint und verflucht, tief unten der Bauer, für immer verschwunden. Man hat später gar nicht erst nach ihm gesucht, hätte ihn wohl auch nicht gern wiedergefunden. Und der älteste Sohn trat sein Erbe an, hat sich an der eigenen Tochter vergangen, zeugte ein Kind mit ihr und hielt sie dann lange mit ihrem Sohn in dem Haus gefangen. Als er alt wurde, zahlte sie es ihm zurück, sperrte ihn ein, gab ihm kaum zu essen. In Hungerfantasien träumte er von dem Glück, sich im Stall mit den Schweinen am trog satt zu fressen. Hat zu fliehen versucht, schaffte es jedenfalls, fast blind eines Nachts raus ins Freie zu taumeln. Und sein Sohn sah ihn, mit nem Strick um den Hals, tot und schon kalt in der Thing-Linde baumeln. NEIN;nein;nein; nichts hier ist das, was es vorgibt zu sein. Fall nicht drauf rein, alles nur Schein,Schein,Schin. Auch die Tochter starb, nun gehört das Haus ihrem Sohn - oder sollte ich Bruder sagen? Ein Neo-Nazi, baut alles um, macht daraus ein Kampftrainingscamp. Jetzt eben tragen Männer panzerbrechende Munition raus auf den Hof, wieder andere schaffen noch mehr Kriegsgerät ran. Ein Teil davon sind Granaten, Geschütze und Handfeuerwaffen. Ich glaube, dass hier in den Büschen noch viel mehr `"Arier" auf der Lauer liegen. Ich mache mich vom Acker, gern würden die doch mal so einen wie mich vor die Flinte kriegen. Es wird Nacht, ich umgehe im Dämmerlicht weiträumig, leise die Bewegungsmelder. quer durch den Mais, der steht hoch und dicht, dann durch die Weizen- und Roggenfelder. Tief bücken sich die Ähren im Abendhauch, als ob - bildlich gesehn - sie den Hut vor mir zögen, als kröchen sie am liebsten vor mir auf dem Bauch, doch sicher nicht, weil sie mich so doll mögen. Alles Täuschung und Lüge, nein, ich darf hier einfach keinem traun, nein, nicht mal den Ähren, die buckeln doch vor jedem, nicht nur vor mir, auch wenn es Nazis und Kinderschänder wären. nein,nein,nein, nichts hier ist das, was es vorgibt zu sein. Fall nicht drauf rein, alles nur Schein, Schein,Schein. eine echte Wader Geschichte!! (Dank an Renate Künzel für den Text) Aus Songtexte Mania